Kreis leitet Haushaltsaufstellung ein - Finanziell trübe Aussichten
Die äußeren Rahmenbedingungen sind sehr schwierig und herausfordernd
, fasst Kreisdirektor und Kreiskämmerer Dr. Linus Tepe die Ausgangslage für die kommunale und politische Diskussion um den Haushalt 2024 zusammen. Lieferengpässe, steigende Rohstoffpreise, Fachkräftemangel – das sind nur drei Schlagworte, die die aktuellen Rahmenbedingungen prägen und am Ende auch Auswirkungen auf die kommunalen Haushalte auf Gemeinde- und Kreisebene haben
, so Tepe weiter. Umso ärgerlicher sei es, dass vor allem der Bund durch geplante Gesetzesvorhaben die negativen finanziellen Auswirkungen auf die kommunale Ebene noch verschärfe. Dies schränke die Handlungsfähigkeit auf unterster Ebene merklich sein. Dies werde noch potenziert durch den Umstand, dass das Land im Gemeindefinanzierungsgesetz – der Grundlage der Schlüsselzuweisungen durch das Land – etliche hunderte Millionen Euro vorab abziehe, um damit zum einen in eine Altschuldenlösung einzusteigen, zum anderen ein Investitionsprogramm für Klima- und Klimafolgenanpassungsmaßnahmen zu finanzieren.
Der Grundgedanke für beide Aspekte, insbesondere das Investitionsprogramm, ist begrüßenswert. Es kann aber nicht sein, dass dies komplett kommunal finanziert wird, wo doch die Verschuldung vieler Kommunen durch Bundes- und Landesgesetze erst herbeigeführt wurde!
, so Tepe, der zum Thema „Altschulden“ am Freitag als Sachverständiger im Landtag auftrat.
Trotz der düsteren Wolken werde der Kreis auch für 2024 einen maximal kommunalfreundlichen Haushalt planen, um die Zahllast der Kreisumlage so gering wie vertretbar zu gestalten. Hierfür werden alle Zahlen im Kreishaus noch einmal auf Herz und Nieren geprüft. „Bis zur Einbringung des Haushalts in die Politik werden sich erfahrungsgemäß noch zahlreiche Änderungen ergeben. Dort, wo wir können, ohne die eigene Handlungsfähigkeit aus der Hand zu geben, werden wir zugunsten der Städte und Gemeinden entscheiden“, gibt der Kämmerer ein positives Signal an die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister.
Der Kreis hoffe inständig, dass das Land noch einmal einlenke und die finanzielle Grundausstattung der Kommunen erhöhe. Das wird nötig sein, um Gestaltungsmöglichkeiten vor Ort zu erhalten
, sind sich Landrat Dr. Christian Schulze Pellengahr und Kreisdirektor Dr. Linus Tepe einig.
Der Fahrplan des Kreises sieht wie folgt aus: Am 19.9. stellt der Kreis den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern den dann aktuellen Stand zum Haushalt 2024 vor. Die Einbringung des Haushalts ist für die Kreistagssitzung am 24.10. terminiert. Anschließend werden die jeweiligen Budgets in den Fachausschüssen beraten, bevor der Kreistag in seiner Sitzung am 5.12. den Haushalt 2024 beschließt.
Drei Fragen an Kämmerer und Kreisdirektor Dr. Linus Lepe
F: Corona-Pandemie, Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, Fachkräftemangel, Lieferengpässe, steigende Zinsen. Man könnte meinen, die Krisenlage löse sich nicht mehr auf. Was heißt das für die kommunalen Haushalte und den Kreishaushalt im Besonderen?
A: Sämtliche Umstände wirken sich natürlich direkt oder indirekt auf die Kommunalfinanzen aus. Die kommunale Familie muss beispielsweise für die Unterbringung sorgen und eine gute und gelingende Integration meistern. Gleichzeitig stehen alle Kommunen vor erheblichen Investitionen in die kommunale Infrastruktur: Schulen, Verwaltungsgebäude, Straßen. Das sind Mega-Projekte, die viel Geld kosten, gleichzeitig aber die Wirtschaft auch am Laufen halten. Nach Jahren der 0-Zinspolitik wird die Geldbeschaffung teurer. Durch unser umfassenden Investitionsprogramm für die Rettungswachen, unsere kreiseigenen Schulen und den Radwegebau trifft uns dies natürlich auch.
F: Nun beklagen viele Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, dass die Standards auf allen kommunalen Ebenen zu hoch sind und fordern Abhilfe. Teilen Sie dies?
A: Absolut! Bis 2006 konnte der Bund Aufgaben direkt den Städten, Gemeinden und Kreisen übertragen – und zwar ohne finanziellen Ausgleich! Die Auswirkungen spüren wir heute noch, insbesondere im Bereich der Sozialgesetzgebung. Damit ist seit 2006 dem Grunde nach Schluss gewesen. Eine Anpassung von Regelsätzen oder leichte Änderungen beziehungsweise Anpassungen sind davon aber nicht umfasst, erhöhen die Kosten also immer noch zu Lasten der Kommunen. Und auch im Übrigen ist die Regelungsflut in den letzten Jahren nicht geringer geworden. Weder finanziell noch personell werden wir diese neuen Standards noch stemmen können. Da ist dringender Handlungsbedarf bei den Gesetzgebern in Bund und Land! Und zwar lieber heute als morgen.
F: Mal unter uns - verzweifeln Sie nicht manchmal ob dieser Lage?
A: Den Kopf in den Sand stecken war nie in der DNA der Westfalen und ist auch nicht in meiner. Gemeinsam mit dem tollen Team der Kämmerei versuchen wir in jedem Jahr einen ausgewogenen Haushalt, der die Fortentwicklung des Kreises einerseits, die Interessen der Kommunen andererseits berücksichtigt, aufzustellen und zu bewirtschaften. Bisher gelang das gut und wird es hoffentlich auch in den Folgejahren. Unser Ansporn bleibt ein nachhaltiger Haushalt, der sozial, ökologisch und ökonomisch ausgewogen ist – auch aus Gründen der Generationengerechtigkeit. Dafür lohnt es sich tagtäglich zu arbeiten. Gleichzeitig muss den Entscheidungsträgern der gesetzgebenden Körperschaften aber auch bewusst sein, dass in der örtlichen Gemeinschaft die Menschen wurzeln und wir diese Wurzeln auch finanziell pflegen müssen, damit unsere Heimat weiterhin blüht und lebenswert bleibt.