Aufsichtsrat der WBC beschließt Planung einer Deponiebelüftung im Aktionsprogramm Klimaschutz des Bundesumweltministeriums an der Deponie Coesfeld-Höven
Das Bundeskabinett hat am 03.12.2014 das Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 beschlossen. Mit dem Aktionsprogramm soll sichergestellt werden, dass Deutschland seine Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 reduziert.
Im Bereich der Abfall- und Kreislaufwirtschaft entfallen immerhin noch 75 Prozent der Emissionen auf die Abfalldeponierung. Trotz des bereits erfolgten beträchtlichen Rückgangs der Emissionen in diesem Bereich sollen weitere Potenziale bis 2020 in diesem Bereich erschlossen werden.
Im Kapitel 4.8.1 des Aktionsprogramms zum Klimaschutz 2020 wird die Deponiebelüftung als einzige Maßnahme zur Minderung der Methanemissionen ausgewiesen: „Durch eine aerobe in-situ-Stabilisierung (Deponiebelüftung) werden die biologisch abbaubaren Abfallbestandteile mikrobiell oxidiert. Der biogene Kohlenstoff im Abfall wird unter den aeroben Verhältnissen – nicht wie beim anaeroben Abbau in Methan – sondern in Kohlendioxid (hier treibhausneutral, da der Kohlenstoff biogener Herkunft) umgewandelt und das Methanbildungspotenzial der Deponie entsprechend reduziert
Die Deponie Coesfeld-Höven wurde im Zeitraum zwischen 1969 und 1978 von der Stadt Coesfeld als städtische und anschließend bis 2002 vom Kreis Coesfeld als zentrale Deponie des Kreises Coesfeld genutzt. Seitdem befindet sich die Deponie in der sogenannten Stilllegungsphase. Sie wurde in einer ehemaligen Tongrube errichtet und umfasst insgesamt 15,4 ha Ablagerungsfläche. Die Ablagerungsmächtigkeit variiert je nach Einlagerungsabschnitt und weist eine maximale Höhe von bis zu 28 m auf. Die abgelagerte Abfallmenge summiert sich auf ca. 2,23 Mio.Tonnen.
Das Emissionsverhalten des gesamten Deponiekörpers ist seit 2002 von einer rückläufigen Deponiegasproduktion gekennzeichnet, welche durch die Reinfiltration von Sickerwasser in den Deponiekörper seit 2011 etwas stabilisiert wurde, so dass 2015 ein 2. Infiltrationsabschnitt durch die Wirtschaftsbetriebe des Kreises mit dem Ziel errichtet wurde die Abbauprozesse in der Deponie zu beschleunigen, um die Deponie schneller in einen vollständig stabilisierten Zustand zu führen. Eine Deponiegasverwertung in einem Blockheizkraftwerk, welches aus dem Deponiegas Strom erzeugt und damit eine umweltgerechte Nutzung des Deponiegases realisiert, ist derzeit noch möglich.
Es zeichnet sich aber ab, dass eine Gasverwertung mit dem bisher genutzten Blockheizkraftwerk – wie geplant - noch zeitlich befristet für ca. 5 bis 10 Jahre möglich ist. Da nach Ablauf dieses Zeitraumes keine wirtschaftliche Nutzung des Deponiegases mehr zu erwarten ist, soll nach Planung der Wirtschaftsbetriebe Kreis Coesfeld GmbH (WBC) eine „Deponiebelüftung“ erfolgen.
Ergebnisse einer dazu jetzt durchgeführten Machbarkeitsstudie, die vom Bundesumweltministerium im Rahmen der nationalen Klimaschutzinitiative gefördert wurde, liegen aktuell vor.
Durch eine Deponiebelüftung werden die Abbauprozesse im Deponiekörper von einem „anaeroben“ auf einen „aeroben“ Abbau umgestellt. In der Folge werden erhebliche Setzung und eine rasche Stabilisierung des Deponiekörpers erreicht. Die Überführung des Deponiekörpers in einen emissionsarmen Zustand würde eine langfristige Deponieschwachgasproduktion mit entsprechenden klimarelevanten Methanemissionen weitgehend reduzieren und die Belastung des Sickerwassers reduzieren. Die Nachsorgezeiträume und damit die Nachsorgekosten für die weitere Zukunft können so erheblich reduziert werden.
In einigen älteren Teilbereichen der Deponie ist die Gasentwicklung bereits so weit abnehmend, dass eine intensive Gaserfassung Erfassung und -verwertung des Deponiegases aus diesen Abschnitten nach dem Ergebnisse der Untersuchungen bereits nicht mehr sinnvoll erscheint. Andererseits weisen die chemisch-biologischen Prozesse im Deponiekörper mit der resultierenden Deponiegasproduktion und die Sickerwasserbeschaffenheit der Deponie Coesfeld-Höven darauf hin, dass noch mit nennenswerten Emissionen über einen längeren Zeitraum von mehreren Jahrzehnten gerechnet werden muss.
Vor diesem Hintergrund wurde der Einsatz einer Deponiebelüftung insbesondere auch im Hinblick auf die Zielstellung der Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI) des Bundesumweltministeriums geprüft.
Die WBC hat daher eine Machbarkeitsstudie zur Belüftung der Deponie Coesfeld-Höven durchführen lassen. Die Analyse baut im Wesentlichen auf den Überwachungsergebnissen und Auswertungen zum Deponieverhalten, Abfallfeststoffprobenahmen sowie aktuell durchgeführten Funktionsprüfungen und Belüftungsversuchen vom Mai und Juni 2015 auf.
Die Machbarkeitsstudie wurde mit 50% der Kosten aus Mitteln des Sondervermögen „Energie-und Klimafonds“ für das Vorhaben „KSI: Einsatz geeigneter Technologien zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen bei der Deponie Coesfeld-Höven“ gefördert.
Im Rahmen der Machbarkeitsstudie wurde festgestellt, dass die zu erwartenden Methanemissionen der Deponie Coesfeld-Höven ausgedrückt als Kohlenstoffdioxidäquivalente bis zu 100.000 Tonnen CO2eq. betragen.
Als Zielwert der Deponiebelüftung leitet sich daraus seitens des Gutachters ab, dass davon mindestens 50 % oder 49.249 Mg CO2eq. (bzw. max. 98.498 MgCO2eq. bezogen auf die gesamten Methanemissionen unabhängig vom Vergleichsszenario) infolge der Deponiebelüftung beschleunigt und kontrolliert reduziert werden.
Erfahrungen bei der Deponiebelüftung mit der Niederdruckbelüftung haben gezeigt, dass eher 80 – 90 % der klimarelevanten Methanemissionen infolge der Deponiebelüftung vermeidbar sind, d.h. ca. 79.000 – 89.000 Tonnen CO2eq.
Zusammenfassend haben die Untersuchungen im Mai/Juni 2015 laut Gutachter bestätigen, dass eine Stabilisierung durch die in situ Belüftung zur Verbesserung des Emissionsverhaltens geeignet und technisch durchführbar ist. Die Deponiebelüftung trägt insbesondere zur sofortigen wie nachhaltigen Reduzierung von klimarelevanten Methanemissionen bei.
Bei den Voruntersuchungen zur Belüftung (aeroben in situ Stabilisierung) hat sich der Einsatz der so genannten Niederdruckbelüftung als ein Druck-Saugverfahren als standortbezogen geeignet herausgestellt. Im Rahmen der in situ Belüftung wird Luft über Gasbrunnen in den Deponiekörper eingeblasen. Über das Gaserfassungssystem wird parallel die Abluft erfasst und behandelt.
Die Prüfung der Gasbrunnen ergab, dass sie sich in einem guten technischen Zustand befinden. Schon während des vergleichsweise kurzen Belüftungsbetriebs jeweils über einige Stunden bzw. Tage im Tag- und Nachtbetrieb konnte der Gashaushalt im Umfeld der Belüftungsbrunnen soweit verändert werden, dass geringere Methangehalte im unmittelbar belüfteten Deponiebereich auftraten und dort die Abbauprozesse unter beginnenden aeroben Milieubedingungen abliefen.
Die Niederdruckbelüftung stellt sich aufgrund der Vorversuche für die Deponie Coesfeld-Höven als grundsätzlich gut einsetzbar heraus.
In seiner Sitzung vom 15.12.2015 hat der Aufsichtsrat der WBC die weiteren Planungsschritte zur Durchführung einer Deponiebelüftung beschlossen. Die Wirtschaftsbetriebe Kreis Coesfeld GmbH und der Kreis Coesfeld nehmen damit die Aufgaben zur Stilllegung und Nachsorge der Deponie Coesfeld-Höven nicht nur im Rahmen der gesetzlichen Anforderungen wahr. Mit dem innovativen Verfahren der Deponiebelüftung wird nun vielmehr das Ziel verfolgt, die langfristigen, klimawirksamen Umweltbelastungen bzw. die Pflicht zu deren Vermeidung nicht zukünftigen Generationen aufzubürden, sondern sie jetzt in überschaubaren Zeiträumen kontrolliert zu beseitigen.