Niemand darf verloren gehen - Vortrag in Lüdinghausen über junge Menschen mit psychischen Erkrankungen und Verhaltensauffälligkeiten
„Sie bürsten ständig gegen den Strich. Und letztlich muss man sich fragen, warum auch nicht“, sagt Helmut Sieker, der in Schmallenberg eine Einrichtung für junge Menschen mit psychischen Erkrankungen und Verhaltensauffälligkeiten leitet, über seine Klientel. Sieker wird am Mittwoch (24. September 2014) ab 20:00 Uhr im Rahmen der Tage der seelischen Gesundheit im Pluspunkt des Sozialwerkes St. Georg in Lüdinghausen (Ostwall 3) aus seiner Tätigkeit berichten.
Wenn sie sich so verhalten, wie sie es gelernt haben, um in ihren Familien oder auf der Straße zu überleben, nennen wir sie Systemsprenger, so der Referent vorab.
Sie setzen Gewalt ein, sind delinquent, sind sexuell sehr auffällig, konsumieren Drogen und Alkohol, stellt Sieker fest, aber:
Sie sind längst nicht nur Täter, sie sind auch – und vor allem – Opfer.Ihnen fehle oft eine brauchbare Vergangenheit, auf die sie zurückgreifen können, und sie blickten in eine Zukunft, die ihnen eher Angst macht. Mit einer langen Vorgeschichte der Instabilität erwarte ein solcher junger Mensch gar keine Beständigkeit mehr.
Sein Verhalten in Einrichtungen, sein Verhalten gegenüber anderen Menschen ist somit von der Erwartung geprägt, fallen gelassen zu werden, wie bisher auch, berichtet Sieker:
Deshalb kann man ihm mit der Androhung, ihn fallen zu lassen, nicht erreichen. Dies hieße, sich genauso zu verhalten, wie es der Jugendliche von uns erwartet.Wenn jemand zum Systemsprenger wird, müsse die Veränderung häufig nicht nur bei ihm gesucht werden, sondern es gelte auch, das System um ihn herum auf den Prüfstein zu stellen. Letztendlich seien Betreuungssysteme erforderlich, die solche Menschen aushalten, ihnen Perspektiven und vor allem Halt bieten.
Wobei Betreuende immer wieder an ihre psychischen und physischen Grenzen stoßen, so Sieker. Neben den Erfahrungsberichten aus der Praxis möchte der Referent an diesem Abend mit den Gästen ins Gespräch kommen. Der Besuch der Veranstaltung ist kostenfrei und eine Voranmeldung nicht erforderlich. Weitere Informationen sind im Internet unter www.kreis-coesfeld.de (Logo Startseite) abrufbar.